Dr. Florian Greßhake

Dr. Florian Greßhake

August Dreesbach Verlag
Lektor


Die Reihe Typotopografie muss man sich als eine erfrischende Mixtur aus Buch, Magazin und Stadtführer vorstellen.Dr. Florian Greßhake

Dr. Florian Greßhake ist Lektor im Münchner August Dreesbach Verlag. Wir hatten zusammen telefoniert. Der Anlass: Eine Neuerscheinung des Verlages, von der ich kurz zuvor erfahren hatte. "Typotopografie Leipzig" lautet der Titel und ist ein kleines aber feines Magazin aus einer Reihe von Veröffentlichungen über die urbanen Zentren unserer Republik. Dabei immer im Fokus: Gestaltung, Typografie und Druckkunst mit einem regionalen Bezug.

Herr Dr. Greßhake, wie entstand die Idee zur Typotopografie-Buchreihe?

Die Entstehungsgeschichte ist eng mit unseren Verlagsschwerpunkten verknüpft. So verlegen wir hauptsächlich Bücher mit historischem Bezug und nun seit etwa zwei Jahren auch Typografie-Bücher. Anne Dreesbach, unsere Verlegerin, und Manuel Kreuzer, der uns bei zahlreichen Projekten mit der Grafik unterstütz, ist Anfang 2012 aufgefallen, dass es keine Buchtitel gibt, die sich konkret mit der Typografie-Szene einer Stadt auseinandersetzen. Die Idee war geboren, rund ein halbes Jahr später waren zur Frankfurter Buchmesse die ersten drei Ausgaben der Reihe fertig: München, Düsseldorf und Berlin. Das Besondere ist auch, dass hier nicht nur Grafikdesigner und Typografen schreiben, sondern vor allem Historiker, Kulturwissenschaftler und und und. So „treffen“ sich in der Reihe Geschichte und Typografie. Es geht uns also nicht nur um die Form, sondern auch um den Inhalt. Ich denke, dass unser Verlag aufgrund der angesprochenen Schwerpunkte gute Voraussetzungen für dieses Konzept hat.

Wie erarbeitet Ihr Verlag die Inhalte einer neuen Magazins? Ist da Ihr Redaktionsteam tagelang in einer Stadt unterwegs?

Zu Beginn einer neuen Ausgabe steht erst einmal eine Grundrecherche: Wen kennen wir? Was gibt es noch? Was ist spannend? Was ist skurril? Das ist ein sehr offener Prozess, zu dem jeder aus dem Autoren- und Verlagsteam mit Ideen beitragen kann. Auf die Recherche folgen dann die Interviews. Wir versuchen, möglichst viele Informationen im direkten Gespräch zu erfahren. Dafür reisen wir dann auch direkt in die Städte oder haben das Glück, Leute vor Ort zu haben. Für die Wien-Ausgabe haben wir uns etwa vergangenen Januar für mehrere Tage in der Stadt einquartiert. Andere Themen haben einen eher historischen Hintergrund: Da dürfen sich dann die Historiker unter uns ein wenig austoben. Der Zugang zu den einzelnen Artikeln ist also sehr unterschiedlich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir zu Beginn der Arbeit an einer neuen Ausgabe uns gerne selbst überraschen lassen, auf was und wen wir treffen. Das bereitet uns viel Freude und wir hoffen, dass es den Lesern ebenso geht.

Wie sieht das Verlagskonzept hinter Typotopografie aus? Was möchten Sie den Lesern gerne nahebringen?

Uns geht es nicht um eine möglichst vollständige Auflistung der bekanntesten Menschen, Projekte und Institutionen der Typo-Szene der jeweiligen Stadt, sondern um die erzählenswerten, vielleicht auch unbekannten Dinge. Jeder Band soll Interesse wecken und zu eigenen Entdeckungen der LeserInnen führen. Deswegen versuchen wir, eine ansprechende Themenvielfalt zusammenzutragen. Gerade vor diesem Hintergrund ist es ganz spannend, dass sich in jeder Ausgabe ein jeweils eigener Schwerpunkt ergibt. Das sagt vielleicht auch etwas über die jeweilige Typo-Szene aus. Die Reihe Typotopografie muss man sich also als eine erfrischende Mixtur aus Buch, Magazin und Stadtführer vorstellen, deren Artikel durchaus auch sehr persönlich sein dürfen. Unser Ziel ist es, eine sehr aufwendige und hochwertige grafische Gestaltung mit spannenden und abwechslungsreichen Inhalten zu kombinieren. Also Grafik und Typografie auf der einen Seite in ein spielerisches Verhältnis mit gut recherchierten Text auf der anderen Seite zu bringen. So entwickeln Anne Dreesbach und Manuel Kreuzer, unsere Grafikdesigner, zusammen für jeden Artikel ein eigenes grafisches Konzept. Und auch unsere Autoren und Autorinnen haben jeweils ganz eigene Herangehensweisen und Interessenschwerpunkte. Dabei ist es uns sehr wichtig, dass Typotopografie kein geschlossenes Projekt ist, sondern dass wir jede Ausgabe ein bisschen verändern, sowohl inhaltlich als auch gestalterisch. Wir experimentieren, was möglich ist und was vielleicht besser nicht gemacht werden sollte. Im Mittelpunkt stehen aber immer die vorgestellten Menschen, Projekte und Einrichtungen und die Leidenschaft, die sie in ihrem Wirken antreiben.

Sprechen wir über die neueste Ausgabe, Typotopografie Leipzig. Wie erfolgreich war Ihre Spurensuche in dieser historischen Buchstadt? Haben sie vielleicht einige Beispiele, die sich auch im Magzin wieder findet?

Mittlerweile sind schon zwei weitere Ausgaben erschienen! Zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse kamen die Bände über Wien und Frankfurt am Main heraus. Aber zu Leipzig: Erfolg ist natürlich ein nur schwer messbarer Wert. Wenn es um die Reaktionen der LeserInnen aus Leipzig geht, dann sind wir sehr zufrieden. Ich denke schon, dass es uns gelungen ist, durch unseren spezifischen Blickwinkel eine spannende Themenvielfalt zu präsentieren, die vielleicht für so manchen überraschend sein mag. Eine große Rolle spielte natürlich Leipzigs Geschichte als Buchstadt mit dem Graphischen Viertel, den ganzen Druckereien und Verlagen: Artikel über Breitkopf & Härtel, das Museum für Druckkunst und den VEB Interdruck gehen natürlich in diese Richtung. Uns war es aber auch wichtig, nicht nur zu zeigen, was es hier einst gab, sondern auch zu schauen, was entsteht heute daraus. Die Arbeit der Buchkinder etwa finde ich sehr großartig! Oder: Das Interview mit Oliver Zille, dem Direktor der Leipziger Buchmesse, bietet wirklich spannende, und auch für uns alle total neue Eindrücke in die Buchwelt. Auf der Leipziger Buchmesse selbst hatten wir anlässlich der Präsentation der Ausgabe auf Einladung von Herrn Zille auch eine spannende Podiumsdiskussion über die Typo-Szene der Stadt, daran beteiligt waren unter anderem zwei Studentinnen der HTWK und Grafikdesignerin Yvonne Kuschel. Sehr stolz sind wir auch, dass uns etwa der italienische Papierhersteller Fedrigoni für die Bände Leipzig und Wien mit einem Papiersponsoring unterstützt hat – das sehen wir schon als eine kleine Bestätigung.

Ein Blick in die Zukunft. Werden Sie die Buchreihe weiterführen? Was bleibt und was wird sich ändern?

Ein klares Ja! Wir hatten bereits einen Workshop zum neuen Band und die ersten inhaltlichen Arbeiten laufen nun an. Ich möchte noch nicht verraten, in welche Stadt es dieses Mal geht. Nur so viel: Es wird auch für uns aufgrund der Schriftzeichen Neuland, auf das wir uns schon gewaltig freuen. Wie bei den anderen Ausgaben gilt aber auch, dass die Erscheinungsreihenfolge eher lose angelegt ist, sodass ich noch nicht mit einem genauen Erscheinungstermin vorgreifen möchte. Auf jeden Fall 2014. Darüber hinaus sind weitere potenzielle „Stadt-Kandidaten“ bereits ausgemacht.

Neben den Inhalten, an denen wir für das kommende Heft sitzen, wird es auch im grafischen Bereich wieder ein paar kleine Änderungen geben. Das Konzept der Reihe ist ja kein statisches, sondern das Experimentieren und das Verändern gehören fest dazu. Was jedoch bleiben wird ist die insgesamt gesehen sehr aufwendige Gestaltung. Lassen wir uns einfach überraschen.

 

Foto: Yasmin Karim

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