Auch für die Zeitungshäuser, die derzeit nach Auswegen aus der Krise suchen, kann das Internet mehr bieten als nur einen Distributionskanal für journalistische Inhalte. Während des Printgipfels beim Medienforum NRW wurde über Rubrikenanzeigen als Leseinhalt und die Gründe für den Gegensatz von Print und Online gesprochen.
Wann immer in diesen Tagen über die Krise in der Zeitungsbranche gesprochen wird, ist der Blick auf die Online-Medien nicht weit. Manchmal scheint es, als habe man in der Internetwelt einen klaren Verursacher für die Misere auf dem Zeitungsmarkt ausgemacht, der mit minderwertiger inhaltlicher Qualität und mehr Desinformation als wirklichen Nachrichten die Aufmerksamkeit der vornehmlich jungen Leser auf sich zieht und dem seriösen Journalismus, der als Unterpfand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gilt, das Leben schwer macht.
Geradezu erleichternd wirkte da so manche Äußerung während des Printgipfels, der am gestrigen Dienstag beim 21. Medienforum NRW stattfand. „Wenn wir als Branchenmenschen vom Web reden, dann reden wir nur von einem ganz kleinen Teil, weil es zufällig das ist, was uns interessiert“, konstatierte Oscar Bronner, Herausgeber der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“. So rangierten journalistische Angebote in der Gunst der Internetnutzer ohnehin auf den hinteren Plätzen nach Angeboten sexueller Art, E-Mail-Diensten, Online-Spielen und anderen Inhalten.
In der Zeitung sieht Oscar Bronner etwas, „das mit Entschleunigung zu tun hat“, und das zurückkommen werde, je mehr es als verloren gelte. Angesichts der Online-Engagements der Zeitungshäuser, bei denen sich die Diskussion nahezu ausschließlich darum dreht, wie sich die journalistische Qualität in den Untiefen des Netzes sichern lässt, merkte Oscar Bronner auf dem Printgipfel an, dass das Internet für Zeitungshäuser weit mehr sein kann, als ein weiterer Medienträger: „Die meisten Abonnenten generieren wir im Internet“, so Bronner.
Auch Martin Kall, Chef des Schweizer Medienhauses Tamedia, hat beim Printgipfel einen differenzierteren Blick auf das Netz geworfen. Als Verleger hat er neben der publizistischen Qualität auch die Erlösseite fest im Blick. Als „einen fantastischen Leseinhalt, der uns leider flöten geht„, bezeichnete Kall die Rubriken-Anzeigen der Zeitungen, die auf Grund der vielfältigeren Präsentationsmöglichkeiten in entsprechenden Online-Pendants nach und nach verloren gehen. Den Anzeigenmärkten, in denen er eine wichtige Kompetenz der Zeitungshäuser sieht, müsse man folgen, führte er aus. „All die Dinge, die journalistisch getrieben sind und einen Marktplatz bieten“ seien Investitionsfelder seines Unternehmens, das neben dem „Tages-Anzeiger“ mittlerweile auch mit der Gratiszeitung „20 Cent“ reüssiert.
All das sind jedoch keine Argumente für oder gegen die Richtigkeit des immer wieder beschworenen Gegensatzpaares von Print mit guten Journalismus auf einen und Online mit schlechtem bis gar keinem Journalismus auf der anderen Seite. Hier versuchte zuvor Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages, mit seiner Rede ein wenig Licht in die emotional geführte Debatte zu bringen. Ihn selbst, so führte er auf dem Printgipfel aus, interessiere die Frage nach der Reichweite weniger, als die nach der gesellschaftlichen Kommunikation, die sich schließlich auch auf das Urteilsvermögen der Bevölkerung auswirke.
Den Gegensatz zwischen Print und Online sieht er in der Art der Präsentation, in der für ihn „nicht nur ein gradueller, sondern ein prinzipieller Unterschied“ liegt. „Das Internet ist da, wo es sorgfältig ist, eher lexikalisch als analytisch“, so Lammert. Das Umgekehrte sei bei den Print-Medien der Fall. Auch Lammert stellt im Web eine zunehmende Verdrängung des anaylitsch-politischen zu Gunsten unterhaltender Inhalte fest. Nach seiner Beobachtung wirken diese Entwicklungen auch auf die klassischen Medien zurück und diktieren zunehmend die Geschäftsbedingungen auch für Print. Die Ursachen für die starken Abweichungen bei Mediengattungen führt er zurück auf die jeweiligen Produktionsprozesse in den Redaktionen, „weil die Bedingungen, unter denen das eine und das andere produziert werden, höchst unterschiedlich sind“.
Quelle: DWDL.de
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