KBA punktet mit Innovationen

Zwei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise hat die internationale Zeitungsbranche die Folgen des Konjunktur- und Werbeeinbruchs immer noch nicht vollständig überwunden, aber langsam geht es wieder aufwärts. Der seit Jahren anhaltende Strukturwandel am Medienmarkt wurde durch die Wirtschaftskrise beschleunigt und der Wettbewerb zwischen Print und Online um knappere Werbegelder intensiviert. Die bei der Suche nach zukunftsträchtigen Geschäftsmodellen für die Zeitungsverlage lange heftig diskutierte Frage „Print oder Online?“ scheint endlich entschieden zu sein. Nach vielen Experimenten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die gedruckte Zeitung als etablierte Marke in der Regel ein starker Träger für parallele oder vernetzte Online-Aktivitäten ist.

Mit Medienkompetenz auf unterschiedlichen Kanälen (Print, Online, Mobil, Lokalhörfunk und -fernsehen), journalistischer Qualität, redaktioneller Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit können die Zeitungsverlage ihre Stärken im unübersichtlichen und zuweilen oberflächlichen Informationsdschungel für sich nutzen. Dies erfordert, neben heute meist aus den Print-Erlösen finanzierten hohen Online-Investitionen, allerdings auch Investitionen in die Inhalte und die Produktionstechnik der gedruckten Zeitung. Damit haben die meisten europäischen Verleger ihre zuletzt wieder deutlich gestiegenen Bestellungen moderner Zeitungsdruckanlagen bei der Koenig & Bauer AG (KBA) in der Regel begründet. Wo Investitionsverweigerung, veraltete Technik und zu einseitig auf das Internet ausgerichtete Strategien hinführen, zeigt die wenig erfreuliche Entwicklung der US-Zeitungsindustrie.

Die Investitionszurückhaltung der vom Werbeeinbruch gebeutelten und in puncto Zukunftsausrichtung verunsicherten Zeitungsindustrie hat die Lieferindustrie hart getroffen. Bis 2007 lag das durchschnittliche jährliche Weltmarktvolumen für Zeitungsdrucktechnik noch bei über 1 Milliarde Euro, 2005 sogar bei 1,5 Mrd. Euro, 2009 nur noch bei 400 Mio. €. Und auch 2010 wird der Markt insgesamt gegenüber dem Vorjahr allenfalls leicht wachsen. Die Umsätze der führenden Lieferanten gingen entsprechend deutlich zweistellig zurück. Die vorhandenen Überkapazitäten verschärften den Preisdruck auf ein für die Branche höchst ungesundes Niveau. Ein Schweizer Lieferant hat bereits aufgegeben. Bei den deutschen Anbietern machten Fusionsgerüchte die Runde.

Licht am Ende des Tunnels

Inzwischen gibt es wieder etwas Licht am Ende des Tunnels. Bei Bogenmaschinen spürt KBA seit März 2010 einen deutlichen Aufwärtstrend und konnte im Juni nach über 18 Monaten die Kurzarbeit im sächsischen Werk Radebeul beenden. Bei Zeitungsdruckmaschinen hat sich die Investitionsbereitschaft seit Juni wesentlich belebt und vor allem KBA hat für seine hoch automatisierten Kompakt-Anlagen Cortina und Commander CT eine ganze Reihe beachtlicher Aufträge aus England, Deutschland, Österreich, Italien, Skandinavien und dem Nahen Osten erhalten. Während der Bogenoffsetdruck besonders vom anhaltenden Nachfrageboom aus China profitiert, kamen die jüngsten Bestellungen bei Rotationsanlagen hauptsächlich aus Europa. Durch die Steigerung seines Marktanteils auf fast 50 % und den deutlich gestiegenen Auftragsbestand konnte KBA im September 2010 auch an den Rollen-Standorten Würzburg und Trennfeld die Kurzarbeit beenden.

Die gedruckte Zeitung ist nicht tot …
Claus Bolza-Schünemann, stv. Vorstandsvorsitzender der Koenig & Bauer AG, bei der Begrüßung der Fachjournalisten zur KBA-Pressekonferenz am ersten Messetag: „Der Medienwandel, die dadurch forcierte Konsolidierung und Neuausrichtung der Zeitungsbranche sowie die enorme Produktivität moderner Rotationsmaschinen begrenzen das Geschäft mit neuen Zeitungsdruckanlagen. Dennoch können wir wieder etwas optimistischer in die Zukunft schauen als vor 12 oder 24 Monaten. Die gedruckte Zeitung ist alles andere als tot. In den meisten Medienhäusern ist sie weiterhin das finanzielle Fundament für zusätzliche Online-Aktivitäten. Zeitungsdruck ist aber – realistisch betrachtet – mit einigen regionalen Ausnahmen kein Wachstumsmarkt. Darauf müssen wir uns alle einstellen. Mit inhaltlicher und optischer Qualität, gepaart mit einer wirtschaftlichen Produktion und Distribution hat die gedruckte Zeitung aber eine bessere Zukunft als von vielen vorhergesagt. Kreative Ideen können dabei helfen, Print im Medienwettbewerb zu stärken. Als Maschinenhersteller wollen wir weiterhin unseren Beitrag dazu leisten.“

… wächst aber nur in den Schwellenländern
Über die aktuelle Lage und die weiteren Aussichten am Zeitungsmarkt sprach Christoph Müller, KBA-Vertriebsvorstand für Rollendruckmaschinen. Er wies darauf hin, dass die Werbeeinnahmen aller Mediengattungen noch nicht wieder das Vorkrisen-Niveau erreicht haben und Rubrikenmärkte wie Autos oder Immobilien fast vollständig zur Online-Konkurrenz abgewandert sind. Allerdings hätten viele Zeitungshäuser deutliche Fortschritte bei ihrer multimedialen Kompetenz gemacht. Weltweit sind nach WAN-Angaben die Auflagen der Tageszeitungen von 2004 bis 2009 von 496 auf 517 Millionen gestiegen, also um durchschnittlich 0,8 % im Jahr. Dabei stehen den rückläufigen Auflagen in den entwickelten Märkten Europas und Nordamerikas steigende Auflagen in großen Teilen Asiens, Lateinamerikas und Afrikas gegenüber. Auch die werbefinanzierten Gratiszeitungen haben in der Krise kräftig Federn gelassen und sind teilweise vom Markt verschwunden. Unter dem Strich war aber deren weltweit verbreitete Tagesauflage 2009 mit 37 Mio. Exemplaren immer noch fast doppelt so hoch wie 2004 mit 19 Mio. Exemplaren. Mit ganz wenigen Ausnahmen (z. B. Indien) hat der Anteil der Werbeausgaben für Zeitungen durch die wachsende Online-Konkurrenz seit 2005 vor allem in der entwickelten Welt kontinuierlich abgenommen und liegt heute im Durchschnitt noch bei gut 20 %.

Die aktuelle Lage am internationalen Zeitungsmarkt ist von einer anhaltenden Investitionsschwäche in Nordamerika, einer deutlichen Nachfragebelebung in Deutschland und Mitteleuropa und Nachfragezurückhaltung in Süd- und Osteuropa geprägt. In Asien ist die Investitionsbereitschaft bei neuen Zeitungsdruckanlagen derzeit deutlich geringer als auf dem weniger vom Internet bedrängten Bogenoffsetmarkt. Neben dem kürzlichen Vertragsabschluss mit der Jordan Press Foundation über eine KBA Commander-Hybridanlage gibt es auch im Mittleren Osten und in Nordafrika weitere Projekte. Bei einer anhaltend stabilen Weltkonjunktur erwartet Christoph Müller bis 2013 angesichts des Investitionsstaus einen Wiederanstieg des jährlichen Weltmarktvolumens für neue Zeitungsdrucktechnik auf 600 bis 650 Mio. Euro. Dies sind 60 bis 65 % des früheren Niveaus. Hinzu kommt das wachsende Geschäft mit Umzügen, Erweiterungen und Retrofits von Gebrauchtanlagen.


Mehr Bedruckstoffe, flexible Formate und neue Werbeformen

KBA-Marketingdirektor Klaus Schmidt machte in seiner Präsentation deutlich, dass die Reduzierung von Rüstzeiten und Produktionskosten durch die Automatisierung manueller Tätigkeiten, wo immer technisch und wirtschaftlich sinnvoll, unverändert im Fokus der Zeitungsindustrie steht. Automatisierung um jeden Preis mache aber wenig Sinn. Auch künftig werde es nicht ganz ohne den Menschen gehen. Für die heute geforderte Flexibilität bei Bedruckstoffen und Formaten, die Inline-Veredelung und neue, kreative Werbeformen in der Zeitung (NaturalPrint, Zip’n’Buy, Half Cover, Half Flyer, Superpanorama, Spadia mit unterschiedlichsten Bahnbreiten) bietet KBA bewährte technische Lösungen an. Diese sind in vielen Fällen nachrüstbar.
Die Nachfrage nach Zeitungsrotationen mit Trocknern für die Semicommercial- und Hybrid-Produktion ist dagegen regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Lt. Schmidt sind Hybrid-Anlagen im Mittleren und Fernen Osten, Skandinavien, Benelux oder in Südeuropa häufiger gefragt als in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dafür seien in erster Linie kulturell geprägte, ästhetische Präferenzen bei Printprodukten verantwortlich. Waren es im vergangenen Jahr fünf große Commander 4/1-Hybrid-Anlagen für die neue türkische Tageszeitung Haberturk, so sind bei der stark im Lohndruck engagierten kanadischen Druckereigruppe Transcontinental Inc. gerade vier dreifachbreite KBA Commander CT 6/2-Hybrid-Maschinen mit zusammen 16 Achtertürmen und sechs Heißlufttrocknern an drei Druckstandorten in Betrieb gegangen. Im derzeit nicht sehr lebendigen nordamerikanischen Zeitungsmarkt ist dies eine beeindruckende und zukunftsweisende Installation.

Kompaktklasse mit Cortina und Commander CT sehr gefragt
Überhaupt scheint die zukunftsorientierte KBA-Kompaktplattform mit der Cortina und Commander CT derzeit am Markt besonders gefragt zu sein. Darauf weisen beachtliche Verkaufszahlen in Deutschland und im europäischen Ausland in den letzten Monaten hin. Inmitten des Druckmaschinen-Booms hatte KBA auf der drupa 2000 mit der Vorstellung eines ersten einfachbreiten Prototyps der wasserlos druckenden KBA Cortina mit in der Mitte auseinander fahrbaren Achtertürmen die neue Plattform mit vielen Alleinstellungsmerkmalen (u. a. automatischer Plattenwechsel) vorgestellt. Anfang 2005 ging in Holland bei Rodi Rotatiedruk die erste doppeltbreite Cortina in Produktion, im Herbst 2007 wurde bei der Würzburger Mediengruppe Main-Post die im Nassoffset druckende Schwestermaschine Commander CT präsentiert. In den letzten Jahren entdeckten immer mehr Entscheidungsträger in der eher konservativen Zeitungsbranche die Vorteile der kompakten Achtertürme. Mittlerweile umfasst die KBA-Referenzliste 33 Cortina- und Commander CT-Kundenanlagen mit zusammen 166 Drucktürmen (84 Cortina und 82 Commander CT) in doppeltbreiter (4/1 und 4/2) und dreifachbreiter Ausführung (6/2).

Gerade in den letzten vier Monaten konnte KBA seine führende Marktposition damit weiter ausbauen. Nach dem Großauftrag der englischen Express Newspapers Group (West Ferry Printers) über vier doppeltbreite Commander CT-Anlagen mit zusammen 22 Achtertürmen kurz vor der Fachmesse IPEX entschieden sich im Sommer 2010 gleich drei deutsche (Der Neue Tag, Weiden; Badische Neueste Nachrichten, Karlsruhe; Rhein-Zeitung, Koblenz) und ein österreichisches Zeitungshaus (Salzburger Nachrichten) für dreifachbreite Commander CT 6/2-Anlagen mit bis zu 2.100 mm Papierbahnbreite. Der Markterfolg spricht für sich. Als früher Pionier der 9-Zylinder-Satellitenbauweise in 4/2- und 6/2-Ausführung hat KBA auch diese Konfiguration weiter im Programm und erst vor einigen Monaten eine Commander-Satellitenmaschine an den langjährigen Kunden Parzeller in Fulda ausgeliefert. Die kompakte Alternative dominiert allerdings immer stärker den Auftragseingang und findet aus technischen, wirtschaftlichen, ergonomischen und ökologischen Gründen auch unter ehemaligen Satelliten-Fans immer mehr Anhänger.

Wasserloser Offset kann auch wirtschaftlich mithalten
In seinem Vortrag ging Klaus Schmidt auch auf die zuweilen etwas unsachlich und mit unzureichenden Argumenten geführte Diskussion um die Wirtschaftlichkeit des wasserlosen Offsetdrucks gegenüber dem konventionellen Nassoffsetdruck ein. Die jüngsten Markterfolge der Commander CT seien kein Indiz für die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Cortina. Im Gegenteil, die bisher 16 Cortina-Anwender seien neben der überragenden Druckqualität, hohen Flexibilität und den nachweisbaren Vorteilen bei Bedienung, Wartung, Makulatur und Umweltorientierung auch mit der wirtschaftlichen Gesamtbilanz des wasserlosen Offsetdrucks zufrieden. Von etwas höheren Farb- und Plattenpreisen – letztere sind inzwischen bei den Wasserlos-Platten in die Nähe von 10,- €/m² gesunken – könne man angesichts der Einsparungen an anderer Stelle (Feuchtwerke, Makulatur, Reinigung, Wartungspersonal) und der erweiterten Möglichkeiten bei der Produktgestaltung und -palette nicht automatisch auf einen Nachteil bei den Gesamtkosten schließen. Dies bestätigen auch Statements von Anwendern, die noch beide Verfahren parallel betreiben.

So meldete sich Matthias Tietz, Geschäftsführer und Technischer Leiter der Rheinisch-Bergischen Druckerei (Rheinische Post) in Düsseldorf als jüngster Cortina-Anwender kürzlich in einem Interview mit der Fachzeitschrift Deutscher Drucker mit der für manche sicher überraschenden Aussage zu Wort: „Ständig nur über Plattenpreise, die ‚enormen’ Farbpreise oder Energie zu reden ist falsch. Man muss das schon zu einem Gesamtkonzept zusammentragen. Und das haben wir jetzt mit einer Bachelor-Arbeit gemacht. Wenn man sich die anschaut, zeichnen sich zwei Dinge ab: Im Kleinauflagenbereich, 10.000 bis 50.000 Exemplare, hat die Cortina Vorteile gegenüber der Commander (Satellitenmaschine). Und man kann heute ganz deutlich sagen: Im Bereich 50.000 bis 500.000 ist es vollkommen egal, ob Sie mit Commander oder Cortina produzieren. Da haben Sie fast gleiche Kostenstrukturen. Das heißt, es ist Schall und Rauch, wenn gesagt wird, die hohen Platten- oder Farbpreise machen die Maschine unrentabel. Letztlich zählen nur die Gesamtprozesskosten und da sehen wir unsere Einkaufsbewertungen als erreicht an.“

Quelle: Koenig & Bauer AG

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