Eine Hand wäscht die andere – oder? Wie Kollegenhilfe unter Druckereien gelingt.
Mehrfach täglich sind wir mit der Situation konfrontiert, dass innerhalb eines Projektes Leistungen benötigt werden, die wir nicht im Haus erbringen können. Im Laufe der Jahre haben wir uns ein Netzwerk von Kollegen aus anderen Druckeren aufgebaut, die verschiedene Leistungen, die wir nicht selbst erbringen, im Programm haben, und die – ganz wichtig! – auch zu uns passen.
Klingt einfach, ist es aber nicht. Wir jedenfalls haben lange suchen müssen, um diese Partner zu finden. Neben der Qualität müssen auch Lieferzeiten, Preise und Chemie stimmen.
Zu Anfang unserer „Karriere” als Digitaldruck-Unternehmen, vor mehr als 15 Jahren, war der Preis ein wichtiges Argument. Schließlich wollten wir an den eingekauften Leistungen auch etwas verdienen. Hier hat sich schnell herausgestellt, dass insbesondere die unterschiedliche Auffassungen über Qualität (Produkt-, Service-, und Terminqualität) immer wieder zu unerfreulichen Ergebnissen führten.
Am Anfang war das Produkt, am Ende der zufriedene (?) Kunde
Schon bei der reinen Produktqualität gibt es für die verschiedenen Anwendungen sehr unterschiedliche Level im Markt. Gleich danach kommt die Servicequalität: Schnelligkeit bei der Angebotserstellung, Erreichbarkeit, Geschwindigkeit und beispielsweise die Versandoptionen. Last but not least die Terminqualität: Sind die Produkte zum vereinbarten Zeitpunkt sicher an der Stelle, an der sie sein sollen?
Ein Beispiel zur Produktqualität ist mir noch in sehr guter Erinnerung: Vor vielen Jahren benötigte einer unserer Kunden für eine Promotion-Aktion unter anderem einfache DIN A5-Flyer auf glänzendem 135g Bilderdruckpapier. Die Auflage waren 50.000 Exemplare, der Druck erfolgte 4/4-farbig. Da eine Vielzahl anderer Formate für die Aktion bei uns in kleinen Auflagen lief, bekamen wir den Auftrag für die Flyer gleich mit.
Unerfahren, wie wir damals waren, entschieden wir uns für die günstigste Online-Druckerei. Was soll ich sagen: Das Druckergebnis war akzeptabel, aber die Schneidegenauigkeit mit zwei Millimeter Unterschied in der Spitze wurde von unserem Kunden (zu Recht) nicht akzeptiert. Bei einer eingespielten Partnerschaft wäre so etwas nicht passiert – oder wenn doch, hätten die Partner die gleiche Auffassung von Qualität gehabt und nach einer kundenorientierten Lösung gesucht.
In diesem Fall aber wurde unsere Reklamation mit einem trockenen Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgelehnt. Da wir schon bezahlt hatten (bei Online-Druckereien durchaus üblich), war unsere Position nicht die Beste. Wir haben dann auf unsere Kosten neu produziert – in besserer Qualität und teurer …
Gemeinsame Werte: Basis für eine Kollegenhilfe verschiedener Druckereien
Eine Zusammenarbeit ist nur dann möglich und sinnvoll, wenn über die oben genannten Punkte Einigkeit besteht. Dann lassen sich auch unerfreuliche Begebenheiten aus der Welt schaffen, bei denen eine Kooperation auf die Probe gestellt wird. Zum Beispiel, wenn ein Partner einen Fehler macht oder der Kunde nicht die von ihm erwartete Qualität erhält. Jetzt zeigt sich, ob die Verbindung etwas aushält und sich das Problem gemeinsam aus der Welt schaffen lässt. Das war in dem geschilderten Beispiel leider nicht der Fall.
Von funktionierenden Kooperationen hingegen profitieren die Partner auf beiden Seiten. Gerade für Stammkunden ist es wichtig, dass Dienstleister alles aus einer Hand liefern können. Dies steigert die Kundenbindung – nach und nach macht man sich für die Kunden ein Stückchen „unentbehrlicher”. Diese schätzen bei ihren etablierten Partnern, dass sie die Ware in der erwarteten Qualität und Zeit bekommen.
Kurz & bündig – darauf kommt es in der erfolgreichen Kollegenhilfe an:
- Gemeinsames Grundverständnis in Sachen Qualität, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit
- Kundenorientierter Umgang mit Fehlern und Problemen
- Regionale Nähe und persönliche Erreichbarkeit
- Sich ergänzende Produkt- und Dienstleistungsangebote
- Der passende „Chemie“-Faktor
Vorteile der regionalen Nähe
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass eine gewisse räumliche Nähe von Vorteil ist. Gerade bei schnellen Produktionen, Mustern oder Terminen, bei denen es „um Leben und Tod” geht freuen wir uns, wenn unsere Partner in „Wurfentfernung” sind. Bei spezielleren Aufgaben lässt sich das nicht immer realisieren und so sind manchmal Entfernungen in Kauf zu nehmen, die nicht mehr per Direktfahrt zu bewältigen sind.
Zum Thema räumliche Nähe fällt mir immer wieder einer unserer Offsetpartner ein, der wirklich nur einen Kilometer entfernt ist. Bestückt mit zwei Heidelberger Speedmaster im kleinen Format (allerdings mit sechs Farbwerken) produzieren wir dort gerne Aufträge mit Sonderfarben. Zum (exzellenten) Service gehört es, dass im Zweifel ein Mitarbeiter bei uns „vorbeirutscht”, um sich eine Druckfreigabe zu holen (während der Job schon in der Maschine ist). Das ist eine Servicequalität, die ich so noch nicht erlebt habe.
Und das ist gut für unseren Partner (weil wir treue Kunden sind) und für uns und unsere Kunden (weil so eine tolle Qualität entsteht, die bei anderen Konstellationen deutlich teurer würde). Mit diesem Partner sind wir inzwischen so gut aufeinander abgestimmt, dass sich unsere Digitaldrucke passgenau im Heidelberger Zylinder stanzen, oder unsere Digitaldrucke in seinen Offsetmaschinen nachträglich mit einer Sonderfarbe veredeln lassen – und das ohne umständliche Beauftragungen und persönliche Druckabnahmen.
Eine gemeinsame Basis finden
Ohne Kollegenhilfe geht es heute in vielen Fällen nicht mehr, sei es durch Auftragsspitzen oder um ein breites Sortiment an Dienstleistungen aus einer Hand abbilden zu können. Wichtig ist jedoch, ein gemeinsames Verständnis für Qualität, Kundenzufriedenheit und Termintreue zu entwickeln. Ohne diese Basis läuft es manchmal auf das altbekannte Sprichwort hinaus: „Vor einem Kollegen behüt‘ uns der liebe Herrgott.“
Der Autor
Ein Gastbeitrag von Ralph Hadem, Geschäftsführer der Colour Connection GmbH, einer Frankfurter Digitaldruckerei, die sich auf individuelle Druckprodukte in kleinen Auflagen spezialisiert hat.
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